Invasive Neophyten in der Schweiz

Invasive Neophyten – das klingt erstmal kompliziert. Gemeint sind gebietsfremde Pflanzen, die sich bei uns unkontrolliert ausbreiten und damit echte Probleme verursachen können: Sie verdrängen unsere heimische Flora, gefährden Tiere, verursachen Schäden an Gebäuden und lösen sogar Allergien aus. In der Schweiz sind rund 750 Pflanzenarten gebietsfremd – und etwa 90 davon gelten als invasiv. Höchste Zeit also, sich das Thema genauer anzuschauen.

Was sind invasive Neophyten?

Als Neophyten bezeichnet man Pflanzen, die nach 1500 bei uns eingeführt wurden – meist aus anderen Kontinenten. Manche von ihnen bleiben brav im Garten, andere machen sich selbstständig. Wird so eine Pflanze zur Plage, spricht man von invasiven Neophyten.

Ein paar bekannte Beispiele:

  • Japanknöterich: Wächst durch Asphalt und verdrängt Ufervegetation.
  • Drüsiges Springkraut: Hübsch, aber breitet sich entlang von Bächen explosionsartig aus.
  • Kirschlorbeer: Beliebte Heckenpflanze, die sich in Wäldern ausbreitet – ökologisch wertlos.
Japanischer Knöterich
Drüsiges Springkraut
Kirschlorbeer

Aber es gibt noch viele weitere: Götterbaum, Ambrosia, Goldrute oder auch die Armenische Brombeere. Manche dieser Pflanzen können in wenigen Jahren ganze Lebensräume verändern.

Invasive Neophyten als weltweites Problem

Die Ausbreitung eingeschleppter Arten ist längst kein rein lokales Phänomen mehr. Tatsächlich gilt sie heute weltweit als zweitwichtigste Ursache für das Artensterben – direkt nach der Zerstörung von Lebensräumen.

Laut dem Globalen Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) gehören invasive gebietsfremde Arten zu den fünf Haupttreibern für den Biodiversitätsverlust – zusammen mit Faktoren wie Klimawandel, Landnutzungsänderung, Umweltverschmutzung und direkter Ausbeutung.

Besonders eindrücklich sind die Zahlen aus der sogenannten InvaCost-Datenbank: Zwischen 1970 und 2017 verursachten invasive Neobiota weltweit wirtschaftliche Schäden in der Höhe von 1’288 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2017 allein lagen die Kosten bereits bei über 162 Milliarden Dollar – mit steigender Tendenz.

Diese Zahlen zeigen: Invasive Arten bedrohen nicht nur die biologische Vielfalt, sondern auch die globale Wirtschaft und Gesundheitssysteme. Umso wichtiger ist es, lokal Verantwortung zu übernehmen – sei es im Garten, in der Gemeinde oder in der Schulumgebung.

  1. Artenvielfalt in Gefahr: Invasive Pflanzen machen heimischen Arten den Platz streitig. Es entsteht eine Art «grüne Monokultur» – das schadet Insekten, Vögeln und ganzen Ökosystemen.
  2. Gesundheitliche Risiken: Pflanzen wie Ambrosia oder Riesenbärenklau lösen Allergien oder Hautreizungen aus. Ambrosia kann schon in kleinsten Mengen starke Reaktionen auslösen.
  3. Kosten für alle: Neophyten verursachen Millionen an Schäden – sei es durch Erosionsschutz, Entsorgung oder Reparaturen an Infrastrukturen.
  4. Falsche Schönheit: Viele invasive Pflanzen wirken auf den ersten Blick harmlos oder attraktiv – genau das macht sie so tückisch. Sommerflieder oder Kirschlorbeer sehen zwar hübsch aus, bieten Insekten aber wenig Nektar und verdrängen nützliche Pflanzen.
  5. Bodenveränderung: Manche invasive Arten verändern langfristig die Bodenchemie. Robinien z. B. reichern den Boden mit Stickstoff an – das fördert andere Stickstoffliebhaber, aber schadet vielen Wildblumen.
Riesenbärenklau

Warum breiten sie sich so schnell aus?

  • Klimawandel: Mildere Winter machen es Pflanzen wie der Hanfpalme einfacher, draussen zu überleben.
  • Globalisierung: Mit Importen, Gartenerde oder Vogelfutter kommen Samen von fremden Arten zu uns.
  • Offene Flächen: Baustellen, Bahnbereiche und Uferzonen bieten ideale Bedingungen für aggressive Pflanzen.
  • Fehlende Fressfeinde: Viele dieser Pflanzen haben hierzulande keine natürlichen Gegenspieler – das gibt ihnen einen klaren Vorteil.
  • Hohes Vermehrungspotenzial: Manche Arten produzieren zehntausende Samen pro Jahr. Andere wie der Götterbaum treiben aus kleinsten Wurzelstücken immer wieder neu aus.
Götterbaum

 

5 überraschende Fakten über invasive Neophyten

  1. Ein Rhizomstück reicht – Der Japanknöterich kann aus einem 2 cm kleinen Wurzelstück eine neue Pflanze bilden. Das macht ihn schwer zu bekämpfen.
  2. Kulturfolger wider Willen – Viele invasive Pflanzen folgen uns Menschen, weil wir unbewusst für ideale Bedingungen sorgen: offene Böden, verändertes Mikroklima, Nährstoffeinträge.
  3. Die Schweiz als Drehscheibe – Durch Transitverkehr und dichten Warenfluss ist unser Land besonders anfällig für Einschleppungen.
  4. Schweizweit gültiges Verkaufsverbot – Seit 2024 ist der Verkauf von problematischen Arten wie Sommerflieder, Götterbaum oder Kirschlorbeer verboten.
  5. Einige Arten verändern den Boden – Goldrute oder Robinie reichern den Boden mit Stickstoff an und verändern so langfristig das Standortklima für andere Pflanzen.
Sommerflieder

Was können Gartenbesitzer:innen konkret tun?

Kleine Bestände lassen sich oft durch schnelles Handeln gut eindämmen – entscheidend ist, dass die gewählten Massnahmen konsequent und über mehrere Jahre hinweg wiederholt werden. Nachkontrollen sind unerlässlich, um Rückfälle zu vermeiden.

Die wichtigsten Methoden im Überblick:

  • Samenstände entfernen: Blütenstände vor der Samenreife abschneiden, um eine Ausbreitung zu verhindern. Bei Stauden ist eine rechtzeitige Mahd, bei Sträuchern ein gezielter Rückschnitt nötig.
  • Ausreissen und Ausgraben: Einzelne oder junge Pflanzen können samt Wurzel effektiv entfernt werden – ideal im Rahmen normaler Gartenpflege. Grosse Bestände lassen sich durch schrittweises Entfernen der Randpflanzen eindämmen.
  • Häufiges Mähen: Viele Neophyten wie Berufkraut oder Springkraut vertragen keine regelmässige Mahd. Wird alle 3–6 Wochen gemäht, kann das die Ausbreitung stark verringern.
  • Ringeln bei Gehölzen: Gehölze wie der Götterbaum sollten nicht einfach zurückgeschnitten werden – das fördert Austriebe. Stattdessen die Rinde rundum sorgfältig entfernen (ringeln), um den Baum langsam abzutöten.
  • Ausgraben mit Maschinen: Wenn ohnehin Bagger auf der Fläche arbeiten, können grössere Bestände mitsamt Wurzeln ausgegraben und fachgerecht entsorgt werden. Wichtig: Den gesamten Wurzelbereich einbeziehen!

Praxistipp: Die «Praxishilfe Invasive Neophyten» (erhältlich z. B. über das BAFU oder kantonale Fachstellen) hilft, die richtige Methode für jede Pflanze zu finden.

Und nicht vergessen: Vermehrungsfähiges Material wie Samen, Wurzeln und Pflanzenteile gehört nicht in den Kompost, sondern in den Kehricht oder in spezielle Sammelsäcke!

Berufkraut

Nützliches Werkzeug zur Entfernung invasiver Pflanzen

Die richtige Ausrüstung kann den Unterschied machen, wenn es darum geht, invasive Pflanzen effizient zu entfernen. Hier ein paar praktische Helfer:

  • Unkrautstecher mit langer Klinge: Ideal für tiefwurzelnde Arten wie Berufkraut oder Springkraut.
  • Wurzelheber oder Wurzelstecher: Erlaubt das gezielte Entfernen von Wurzelstücken – besonders bei Staudenknöterich hilfreich.
  • Ast- und Wurzelsägen: Notwendig bei Sträuchern oder Bäumen wie dem Essigbaum oder Götterbaum.
  • Abdeckvlies oder schwarze Folie: Um Neophyten nach dem Rückschnitt lichtdicht zu bedecken – effektiv gegen Wiederaustrieb.
  • Schutzhandschuhe und Schutzbrille: Pflicht bei Pflanzen mit Hautreizungsgefahr wie Riesenbärenklau.
  • Gartensack oder stabiler Eimer mit Deckel: Zum sicheren Abtransport der Pflanzenreste – bitte nicht in den Kompost!

Ein Tipp aus der Praxis: Wer hartnäckige Pflanzen wie Knöterich oder Goldrute erfolgreich loswerden will, sollte über mehrere Jahre hinweg kontrollieren und nachbearbeiten. Geduld zahlt sich aus!

Goldrute

Was sagt das Gesetz? 

Seit der Überarbeitung im Jahr 2024 regelt die Freisetzungsverordnung (FrSV) in der Schweiz klar, wie mit invasiven gebietsfremden Pflanzenarten umzugehen ist. Ziel ist es, die Ausbreitung dieser Arten zu verhindern oder zumindest stark einzudämmen.

Wichtige Punkte der FrSV:

  • Bestimmte invasive Pflanzenarten dürfen nicht mehr verkauft, gepflanzt oder weitergegeben werden.
  • Besitzer:innen von Grundstücken, auf denen sich solche Pflanzen befinden, können verpflichtet werden, diese zu entfernen.
  • Für gewerbliche Gärtnereien, Gartenbaubetriebe und Gemeinden gilt eine Informations- und Handlungspflicht.

Zurzeit umfasst die Liste der verbotenen Arten u. a.:

  • Fallopia japonica (Japanknöterich)
  • Ambrosia artemisiifolia (Beifussblättriges Traubenkraut)
  • Elodea nuttallii (Amerikanische Wasserpest)
  • Ailanthus altissima (Götterbaum)
Amerikanische Wasserpest

Die vollständige Liste ist beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) einsehbar.

Weiterführende kantonale Regelungen – Beispiel Kanton Zürich

Einige Kantone gehen noch weiter. So hat der Kanton Zürich zusätzliche Vorschriften für besonders problematische Arten erlassen, die als «prioritär» gelten. Für diese Arten bestehen verschärfte Auflagen, darunter Melde- und Bekämpfungspflichten sowie spezielle Vorschriften bei Aushubarbeiten:

Prioritäre Arten im Kanton Zürich:

  • Ambrosia (Ambrosia artemisiifolia) – Melde- und Bekämpfungspflicht schweizweit
  • Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) – Melde- und Bekämpfungspflicht im Kanton Zürich
  • Schmalblättriges Greiskraut (Senecio inaequidens) – Melde- und Bekämpfungspflicht im Kanton Zürich
  • Asiatische Staudenknöteriche (Reynoutria spec. inkl. Hybriden) – Auflagen bei Aushubarbeiten
  • Essigbaum (Rhus typhina) – Auflagen bei Aushubarbeiten
Essigbaum

Diese Bestimmungen zeigen: Die Verantwortung liegt nicht nur beim Bund – auch Kantone und Gemeinden spielen eine aktive Rolle im Kampf gegen invasive Neophyten. Informiere dich bei deinem Wohnkanton über spezifische Vorschriften und Hilfsangebote.

Was bedeutet das konkret? Wenn du eine dieser Arten im Garten hast, solltest du sie entfernen – nicht aus Angst vor einer Strafe, sondern weil du aktiv zur Biodiversität beiträgst. Bei Unsicherheiten helfen lokale Naturschutzstellen oder Gartenfachbetriebe weiter.

Frühzeitig erkennen und handeln!

  • Entfernen: Pflanzen wie Springkraut oder Berufkraut vor der Samenreife jäten oder mähen.
  • Richtig entsorgen: Nie in den Kompost! Invasive Pflanzen gehören in den Kehricht oder spezielle Neophytensäcke.
  • Alternativen pflanzen: Statt Kirschlorbeer lieber Liguster oder Wildrosen setzen – schöner, einheimisch und nützlich für Tiere.

Viele Gemeinden helfen sogar mit: Wer invasive Pflanzen entfernt, kann sie bei Sammelstellen abgeben und bekommt dafür kostenlos einheimische Sträucher oder Blumen. Frag bei deiner Gemeinde nach!

Einheimische Pflanzen – besser für deinen Garten

Ein Garten mit einheimischen Arten ist nicht nur schöner, sondern auch einfacher zu pflegen:

  • Weniger Schädlinge: Heimische Pflanzen sind Teil des Ökosystems – mit passenden Nützlingen.
  • Weniger Arbeit: Sie sind ans Klima angepasst und brauchen weniger Pflege, Wasser und Dünger.
  • Mehr Leben im Garten: Vögel, Bienen und Schmetterlinge finden Futter und Unterschlupf.
  • Besserer Boden: Tiefwurzelnde Wildstauden verbessern langfristig die Bodenstruktur.
  • Keine Überraschungsgäste: Einheimische Pflanzen versamen sich meist nicht unkontrolliert.

Einheimische Arten fördern die Biodiversität. Schon ein kleiner Garten mit heimischen Stauden kann über 100 verschiedene Insektenarten anziehen. Und: Ein naturnaher Garten spart Ressourcen – du brauchst weniger Giesswasser, keine Pestizide und keinen Dünger.

Tipp für Schulen & Gemeinden

  • Unterrichtseinheiten zu Neophyten einbauen – z. B. mit Exkursionen oder Jätaktionen.
  • Blühstreifen mit heimischen Wildblumen statt Rasen oder Schottergärten.
  • Kombinierte Strauchhecken aus einheimischen Arten – Sichtschutz und Lebensraum zugleich.
  • Sensibilisierung durch Plakate, Infoflyer oder Workshops mit lokalen Fachstellen.

Beliebte Alternativen zu invasiven Pflanzen 

Invasive Art Alternative (einheimisch) Vorteil
Kirschlorbeer Liguster, Stechpalme Immergrün, nützlich für Tiere
Sommerflieder Sanddorn, Wolliger Schneeball Früchte für Vögel, bienenfreundlich
Goldrute Schafgarbe, Wiesenflockenblume Nektarreich, robust
Drüsiges Springkraut Weidenröschen, Wiesenstorchschnabel schöne Blüten, heimisch
Japanknöterich Mädesüss, Wasserdost grosse Blüten, Feuchtstandorte

Fazit

Invasive Neophyten sind kein Randthema mehr – sie betreffen uns alle. Doch mit dem richtigen Wissen und ein paar einfachen Massnahmen kann jede:r dazu beitragen, die Natur zu schützen. Und das Beste: Wer auf einheimische Pflanzen setzt, gewinnt nicht nur ökologisch, sondern auch optisch.

Wir beraten dich gerne, wenn du deinen Garten oder dein Schulprojekt naturnah gestalten willst. Gemeinsam machen wir aus deinem Grün ein Zuhause für Vielfalt!

Email:
Telefon:+41448876105

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